Immer mehr Forschungsergebnisse deuten auf eine Verbindung zwischen dem primären circadianen Uhren-Gen und einem erhöhten Drogensuchtpotential hin. Die Forscher vermuten, dass jenes Gen, das die Hauptverantwortung für unsere vielen circadianen Rhythmen trägt, auch eine bedeutende Rolle im Belohnungszentrum des Gehirns spielt, welches wiederum für das Suchtverhalten zuständig ist.
Wie sich der circadiane Rhythmus auf die Sucht auswirkt

Die Forscher haben erkannt, dass Suchterkrankungen oft mit Störungen des circadianen Rhythmus einhergehen, wie beispielsweise einem Durcheinanderkommen der Schlaf- und Wachphasen. Solche Störungen können in weiterer Folge die Suchtproblematik sogar noch verschlimmern. Studien haben zudem nahe gelegt, dass vorhandene Störungen der körperlichen Rhythmen auf molekularer Ebene die Gefahr für die Entwicklung von Suchtverhalten erhöhen könnten. Wissenschaftler haben nun ihren Fokus auf die nähere Erforschung der offenbar vorhandenen Verbindung zwischen Suchterkrankungen und unserer inneren Uhr gelegt.
Ein durch Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlichter Bericht handelt von Wissenschaftlern, die untersuchten, inwiefern das Gen, das die circadianen Uhren des Körpers aufrechterhält, auch ein Schlüsselfaktor beim Suchtverhalten sein könnte. Die Forschungen haben ergeben, dass dieses für unsere Rhythmen verantwortliche Gen auch bei der Regulierung des Belohnungszentrums im Gehirn involviert ist. Das Gen wirkt in diesem Zusammenhang als sogenannter negativer Regulator, und könnte dadurch Einfluss auf die süchtig machende Wirkung von Drogen wie Alkohol, Kokain, Metamphetaminen oder Opiaten haben.
Forschungsleiterin Dr. Colleen A. McClung erklärt: „Wir konnten feststellen, dass dieses Gen nicht nur unsere Schlaf- und Wachphasen reguliert, sondern auch Einfluss auf die Belohnungsreaktion auf Drogen hat, und zwar durch Eingriffe auf die Dopaminleitungen.“
Dopamin, negative Belohnungen und Suchtverhalten
Suchtmittel wie Alkohol und Kokain wirken oftmals über das Dopamin-Belohnungssystem sowie andere Signalwege, um ihre Suchtwirkung zu entfalten. Im menschlichen Gehirn wirkt Dopamin als Neurotransmitter, der das Belohnungs- und Lustzentrum steuert. Es ermöglicht uns also, Belohnungen wahrzunehmen und motiviert uns dazu, diese Belohnungen zu erreichen, um dadurch Lustgefühl und positive Stimuli zu erfahren.
Weitere Studien haben die Rolle des Schlafrhythmus bei der Regulierung des Dopamin-Belohnungsmechanismus untersucht. Beinahe sämtliche Aspekte dieses Systems werden durch unseren Schlafrhythmus beeinflusst und zeigen tageszeitliche Variationen.
Das Forscherteam um Dr. McClung konnte feststellen, dass Mäuse ohne das für die innere Uhr verantwortliche Gen eine stärkere Reaktion auf Kokain aufweisen als jene, die über dieses Gen verfügen. Die „genlosen“ Mäuse zeigten sich hyperaktiver, erlebten stärkere Unterbrechungen des circadianen Rhythmus, und eine erhöhte Dopamin-Belohnung konnte nachgewiesen werden.
McClung dazu: „Wir haben die Dopaminzellen in den Gehirnen der Mäuse beobachtet und konnten sehen, dass diese Zellen deutlich aktiver waren und sogenanntes Bursting-Verhalten zeigten, was zu einer sehr hohen Dopaminausschüttung führt. Wir konnten zudem feststellen, dass bei diesen Mäusen generell mehr Dopamin produziert wurde, und dies durch Kokain noch verstärkt wurde.
Das Forscherteam ist daher der Ansicht, dass jenes Gen, das für die circadianen Rhythmen des Körpers verantwortlich ist, eine wichtige Funktion im Belohnungszentrum ausfüllt. Wenn das tatsächlich so ist, könnte dies auf eine direkte Verbindung zur Suchtgefahr von Drogen wie Kokain hindeuten.
Weitere Forschungen zu der Verbindung zwischen innerer Uhr und Drogensucht

Es stellte sich heraus, dass gleich eine ganze Reihe von circadianen Genen mit Suchtverhalten in Verbindung steht. Eine in Behavioural Brain Research publizierte Studie über die Forschungen eines Teams auf Dartmouth analysierte, wie die Period-Genfamilie (die für den Schlaf- und Wachrhythmus hauptverantwortlich sind) mit Alkoholsucht zusammenhängt. Die Forscher stellten fest, dass Mäuse mit mutiertem Per Gen eher zu übermäßigem Alkoholkonsum neigten, da sie über eine höhere Toleranzgrenze und eine niedrigere Stoffwechselrate verfügten als Mäuse ohne diese Mutation.
In einer anderen Studie, veröffentlicht in Genes, Brain und Behavior, brachte ein bestimmtes circadianes Rhythmusgen, CSNK1E, mit Essattacken, Opiatsucht und teilweise auch mit Alkoholsucht in Verbindung. Die Studienautoren vom Boston University Medical Center meinten dazu: „Die potentielle Verbindung zwischen CSNK1E, Biorhythmus und dem Einfluss auf das Suchtverhalten ist bisher wenig erforschtes Gebiet, das wertvolle Hinweise auf der Suche nach dem Hintergrund von Suchtverhalten sein könnte.
Es werden jedoch weitere Forschungen notwendig sein, um jene Mechanismen zu ergründen, die der Beziehung zwischen circadianen Rhythmen und Sucht zugrunde liegen, aber schon heute können wir davon ausgehen, dass eine Verbindung existiert – dieses Wissen könnte und dabei helfen, Suchterkrankungen besser zu verstehen, und vielleicht sogar effektiver zu behandeln.







