Wenn Sie zu den 620 Millionen Menschen gehören, die regelmäßig joggen gehen, starten Sie wahrscheinlich gerne früh am Morgen. Wenn Sie jedoch in der Nacht zuvor nicht gut geschlafen haben, könnten Sie sich einem höheren Verletzungsrisiko aussetzen. Eine neue Studie unter der Leitung von Professor Jan de Jonge, Arbeits- und Sportpsychologe an der Technischen Universität Eindhoven in den Niederlanden (und außerordentlicher Professor an der University of South Australia), hat ergeben, dass unzureichender und schlechter Schlaf das Verletzungsrisiko beim Laufen erheblich erhöht.
Jogging und seine gesundheitlichen Vorteile
Joggen zählt zu den effektivsten und zugleich einfachsten Möglichkeiten, die körperliche und psychische Gesundheit zu stärken. Regelmäßiges Laufen verbessert das Herz-Kreislauf-System, stabilisiert den Stoffwechsel und wirkt positiv auf das Immunsystem und die Psyche. Durch die gleichmäßige Ausdauerbelastung wird das Herz kräftiger, die Durchblutung gefördert und der Blutdruck reguliert. Langfristig sinkt das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen deutlich. Auch der Fett- und Zuckerstoffwechsel profitiert: Joggen erhöht die Fettverbrennung, verbessert die Insulinsensitivität und beugt somit Übergewicht und Typ-2-Diabetes vor. Darüber hinaus wirkt sich Laufen stark auf das seelische Wohlbefinden aus. Beim Joggen werden Endorphine und Serotonin ausgeschüttet, die stimmungsaufhellend wirken und Stress abbauen. Regelmäßiges Training verbessert die Konzentration, fördert den Schlaf und kann Depressionen und Angstzuständen entgegenwirken.

Beim Training selbst gilt: Regelmäßigkeit ist wichtiger als Intensität. Es ist besser, drei- bis viermal pro Woche locker zu laufen, als sich einmal völlig zu verausgaben. Ein gutes Tempo erkennt man daran, dass man sich während des Laufens noch unterhalten kann, ohne außer Atem zu geraten. Wer seine Ausdauer verbessern möchte, kann die Streckenlänge oder das Tempo langsam steigern, aber nie beides gleichzeitig. Auch die Erholung ist ein wichtiger Bestandteil des Trainings. Der Körper braucht ausreichend Schlaf und Pausen, um sich anzupassen und stärker zu werden. An Tagen mit Müdigkeit oder leichten Schmerzen sollte man das Training reduzieren oder pausieren. Übertraining führt leicht zu Verletzungen und dem Verlust der Motivation.
Darüber hinaus spielt die Ernährung und Flüssigkeitszufuhr eine wichtige Rolle. Vor dem Laufen sollte man nicht mit vollem Magen starten, aber eine kleine, leicht verdauliche Mahlzeit oder ein Snack können Energie liefern. Während längerer Läufe ist ausreichendes Trinken wichtig, vor allem bei Hitze. Nicht zuletzt sollte man auf die äußeren Bedingungen achten. Bei sehr hohen Temperaturen ist es besser, in den frühen Morgenstunden oder am Abend zu laufen, um Kreislaufbelastungen zu vermeiden. Im Winter sind warme, atmungsaktive Schichten sinnvoll, um Muskeln vor Kälte zu schützen. Reflektierende Kleidung erhöht die Sicherheit bei Dunkelheit. Wer diese Punkte beachtet, kann Verletzungen vorbeugen, seine Leistungsfähigkeit verbessern und langfristig Freude am Laufen haben.
Chronobiologie und Trainingszeitpunkt
Wir wissen bereits, dass die innere Uhr beeinflusst, wann der Körper am leistungsfähigsten ist. Das variiert je nach Chronotyp („Frühaufsteher“ vs. „Nachtmensch“): So haben Forschungen etwa herausgefunden, dass Morgentypen (Lerchen) besser am Vormittag trainieren, wo die Herzfrequenz und Körpertemperatur früh stabil sind. Abendtypen (Eulen) haben wiederum am späten Nachmittag oder frühen Abend ihre Leistungsspitze. Allgemein zeigen Studien oft den späten Nachmittag (16–19 Uhr) als günstigsten Zeitraum für Kraft- und Sprintleistung – da Körpertemperatur, Muskelviskosität und Nervenleitgeschwindigkeit dann optimal sind.
Schlaf als Regenerationsphase
Schlaf ist die entscheidende Zeit, in der der Körper die physiologischen Anpassungen an das Training vollzieht:
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Muskelaufbau (Hypertrophie): Im Tiefschlaf werden Wachstumshormone (v. a. Somatotropin) ausgeschüttet, die Muskelreparatur und -aufbau fördern.
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Energiehaushalt: Während des Schlafs werden Glykogenspeicher in Muskeln und Leber wieder aufgefüllt.
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Immunsystem: Schlafmangel schwächt die Immunantwort und erhöht das Risiko von Entzündungen oder Infekten nach intensiven Trainingsphasen.
Ein schlechter Schlaf kann den Trainingserfolg mindern. Schon eine Nacht mit weniger als 6 Stunden Schlaf kann messbar die Sprintleistung, Reaktionsgeschwindigkeit und Kraft mindern. Chronischer Schlafmangel senkt den Testosteronspiegel, wodurch weniger Muskeln aufgebaut werden, reduziert die Proteinbiosynthese, weswegen das Muskelwachstum stagniert, und auch das Verletzungsrisiko steigt. Auch Lernprozesse werden beeinträchtigt.
In einer Umfrage unter 425 Freizeitläufern stellten die Forscher fest, dass Teilnehmer, die über eine kürzere Schlafdauer, eine geringere Schlafqualität oder häufige Schlafprobleme berichteten, fast doppelt so häufig Verletzungen erlitten wie diejenigen, die gut schliefen. Die in Applied Sciences veröffentlichten Ergebnisse liefern laut Prof. de Jonge „überzeugende Beweise dafür, dass Schlaf ein entscheidender, aber oft übersehener Faktor bei der Verletzungsprävention ist”.
„Während Läufer sich speziell auf Laufleistung, Ernährung und Erholungsstrategien konzentrieren, gerät der Schlaf oft ins Hintertreffen“, erklärt er. „Unsere Forschung zeigt, dass Menschen mit schlechtem Schlaf 1,78-mal häufiger Verletzungen angaben als Menschen mit stabilem, gutem Schlaf, mit einer Wahrscheinlichkeit von 68 %, sich innerhalb von 12 Monaten eine Verletzung zuzuziehen. Das ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass eine gute Erholung genauso wichtig ist wie hartes Training.“
Schlaf: Das fehlende Element in der Erholung von Läufern
Freizeitlauf ist nach wie vor eine der beliebtesten Sportarten weltweit, birgt jedoch ein erhebliches Verletzungsrisiko. Studien schätzen, dass bis zu 90 % der Läufer irgendwann einmal verletzt werden, was jedes Jahr zu Millionenverlusten durch Arztrechnungen und Arbeitsausfälle führt. Das Team von Prof. de Jonge verfolgte einen umfassenden Ansatz und untersuchte den Schlaf nicht nur hinsichtlich seiner Dauer, sondern auch hinsichtlich seiner Qualität und Störungen. Diese breitere Sichtweise half dabei, zu erkennen, wie verschiedene Aspekte des Schlafs zur körperlichen Anfälligkeit beitragen.
„Schlaf ist ein lebenswichtiger biologischer Prozess, der es Körper und Geist ermöglicht, sich zu erholen und sich an die körperlichen und geistigen Anforderungen des Trainings anzupassen“, sagt Prof. de Jonge. „Wenn der Schlaf gestört oder unzureichend ist, nimmt die Fähigkeit des Körpers, Gewebe zu reparieren, Hormone zu regulieren und die Konzentration aufrechtzuerhalten, ab, was allesamt das Verletzungsrisiko erhöhen kann.“ Die Studie ergab, dass Läufer, die Probleme beim Einschlafen hatten, nachts häufig aufwachten oder sich selten ausgeruht fühlten, am anfälligsten für Verletzungen waren. Im Gegensatz dazu berichteten diejenigen, die einen regelmäßigen Schlafrhythmus hatten und sich gut ausgeruht fühlten, von deutlich weniger Verletzungen.
Training neu denken: Warum Schlaf die gleiche Priorität verdient
Prof. de Jonge betont, dass die Forschungsergebnisse wichtige Erkenntnisse sowohl für Freizeit- und Wettkampfläufer als auch für Trainer und Gesundheitsexperten liefern. „Wir gehen oft davon aus, dass mehr Training zu einer besseren Leistung führt, aber das ist nicht unbedingt der Fall“, bemerkt er. „Läufer (insbesondere diejenigen, die Training mit Arbeit, Familie und sozialen Verpflichtungen in Einklang bringen müssen) benötigen möglicherweise tatsächlich mehr Schlaf als durchschnittliche Erwachsene, um sich richtig zu erholen. Schlaf sollte als Priorität für die Leistungsfähigkeit betrachtet werden und nicht als Nebensache.“

Um die Schlafqualität zu verbessern, werden regelmäßige Schlafenszeiten, die Einschränkung der Bildschirmnutzung vor dem Schlafengehen, die Reduzierung von Koffein und Alkohol sowie eine ruhige, kühle Umgebung empfohlen. Regelmäßige Schlafzeiten bedeuten, dass man jeden Tag ungefähr zur gleichen Zeit ins Bett geht und ungefähr zur gleichen Zeit aufsteht, auch an den Wochenenden oder an freien Tagen. Das Ziel ist, den inneren Schlaf-Wach-Rhythmus (circadianer Rhythmus) zu stabilisieren, was die Schlafqualität verbessert und das Aufwachen leichter macht. Viele wissen, dass Handys oder Tablets Blaulicht abgeben, das den Schlaf stört. Weniger bekannt ist, dass Blaulichtfilter alleine nicht immer helfen. Am effektivsten ist es, Licht zu dimmen und wärmer zu machen (z. B. orangefarbenes Licht abends). Spezielle Lampen mit warmem Licht fördern die Melatoninproduktion. Geräusche können hingegen positiven oder negativen Einfluss haben. Manche Menschen schwören auf absolute Stille, andere schlafen wiederum besser mit weißem oder rosa Rauschen. Die Raumtemperatur sollte kühl, aber nicht zu kalt sein. Leicht kühlere Hände und Füße fördern das Einschlafen. Ein Tipp: Warme Socken anziehen, weil das die periphere Wärme reguliert und den Körper signalisiert, dass Schlaf kommen kann.
Entspannungstechniken wie Yoga, Meditation und autogenes Training können ebenfalls für erholsameren Schlaf sorgen. Vermeiden Sie schwere Mahlzeiten vor dem Schlafengehen, da diese das Einschlafen erschweren können. Setzen Sie auf leichte Speisen, die den Körper nicht belasten. Magnesium und Zink können die Schlafqualität verbessern, vor allem in Kombination. Weniger bekannt ist, dass tryptophanreiche Snacks (z. B. ein kleiner Joghurt mit Banane) ein bis zwei Stunden vor dem Schlafengehen die Melatoninproduktion subtil unterstützen. Die richtige Melatoninausschüttung hilft dabei, den Schlaf zu fördern. „Sowohl die Schlafqualität als auch die Schlafdauer sind wichtig, aber die Quantität bildet oft die Grundlage“, fasst Prof. de Jonge zusammen. „Schlaf sollte nicht nur als Mittel zur Erholung angesehen werden, sondern auch als potenzieller Prädiktor für die Verletzungsanfälligkeit im Freizeitsport.“






